Dank privater Initiative gibt es auch abseits der vielbesuchten Wanderwege einiges zu entdecken. In der Schweiz finden sich aufwendig gestaltete Pfad- und Wegprojekte – vom Atem-Weg bis zur Planetenschau.
Sich auf eine Bank setzen und innehalten. Durchatmen. So tief, dass der Bauch sich beim Einatmen wölbt und beim Ausatmen wieder senkt. Die Ruhe zwischen Aus- und Einatmen bewusst wahrnehmen, bis der nächste Zug von selbst kommt, wenn möglich durch die Nase. So geht richtiges Atmen. In unserer schnelllebigen Zeit kommt das allerdings bei den meisten zu kurz. Wer nicht gerade Musiker ist oder Spitzensport betreibt, bemerkt oft nicht, dass er hektisch atmet. Dabei sei richtiges Atmen die erste Hilfe gegen Stress, weil es Kraft und Lebensfreude wecke, meint Lisbeth Bloch. Die 60-Jährige hat vor einigen Jahren einen Schicksalsschlag erlebt: Sie musste sich von ihrem Pferd verabschieden, das ihr viel bedeutet hatte. Da sei ihr Leben wie ein Kartenhaus zusammengefallen. «Ich stand still, auch im Geist», sagt sie. Sie habe gemerkt, dass ihr Leben nicht mehr stimmte, wollte etwas ändern. Aber was?
In die Gänge gekommen
Auf langen Spaziergängen kamen sie und ihre Gedanken allmählich wieder in die Gänge. Und damit auch die Idee, etwas Neues zu lernen. Im Internet entdeckte sie ein Inserat für eine Atemschule. Sie besuchte eine Schnupperlektion. Bereits auf der Fahrt nach Hause spürte sie eine Veränderung – und begann schliesslich wenig später die dreijährige Ausbildung zur Atemtherapeutin nach Ilse Middendorf, Begründerin der Atemlehre. Demnach ist bewusstes Atmen nicht nur eine Funktion, sondern eine ganzheitliche Therapiemethode, weil der ganze Mensch – Körper, Geist und Seele – davon betroffen ist.
Das richtige Atmen erlernen
Die Frage war: Wie sollte sie den Menschen die Atemlehre zugänglich machen? Auch hier halfen ihr lange Spaziergänge im Safenwiler Wald. Denn genau auf diesem Rundgang befindet sich heute der erste «Atem-Weg» der Schweiz. Hier erhält die Lunge die volle Aufmerksamkeit, spielerische Experimente vermitteln bewusstes Atmen. «Die Kombination aus Natur, Ruhe, Bewegung und Atem spendet Kraft für das stressige Leben in der heutigen Gesellschaft.»An zehn Orten finden sich Tafeln mit verschiedenen Atemübungen, Tipps für den Alltag und Wissenswertem rund ums Atmen. So können die Besucher die eigene Atemkraft entdecken. Zudem gibt es sorgfältig angelegte Aufgaben: ein Aufstieg durch den Wald, der das bewusste Atmen durch die Nase vermittelt, ein Kneippbad für erfrischte Füsse, Ringe, an denen man sich und die Seele baumeln lässt. Zwei- bis dreimal pro Woche macht Lisbeth Bloch zusammen mit ihrem Mann Walter (63) einen Kontrollgang und sorgt dafür, dass der Weg gepflegt ist und funktioniert. «Walti» sei auch sonst eine grosse Hilfe: Er hat die Umsetzung des AtemWegs gemeinsam mit einer siebenköpfigen Projektgruppe organisiert und ist Präsident des Vereins Atem-Weg. Dieser finanziert zusammen mit Sponsoren die langfristige Erhaltung des Projekts.Besucher können den Weg allein begehen oder sich von Lisbeth Bloch führen lassen. Die Initiantin rät aber allen, sich Zeit zu nehmen: «Die Leute meinen oft, sie könnten am Abend nach der Arbeit ‹noch rasch› den Atemweg machen. Aber dann muss ich sagen: ‹Nein, hier geht nichts schnell.›» Um die Entschleunigung zu spüren, weg von
Alltag und Leistung, brauche es Zeit. Und Sie sei überzeugt, dass man bei bewusstem Begehen des Wegs ganz schnell abschalten könne. Das Beste sei, das Gleiche mit dem Handy zu tun. So könne man «einfach sein» und sich am besten auf die Übungen einlassen oder auf die zufälligen Begegnungen, die sich auf dem Atemweg ergeben: «Das war mein persönliches Ziel: einen Ort des Ausgleichs und der Begegnung zu schaffen.»